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Gefährliche Strahlen

Seit mehreren Jahrzehnten herrscht in gewissen Kreisen Westdeutschlands eine große Angst vor Radioaktivität und Strahlung. In spektakulären Demonstrationen wird daraufhin gearbeitet, Atomkraftwerke zu schließen und die Endlagerung von radioaktivem Material zu behindern. Begründet wird dieses mit den nicht absehbaren Spätfolgen von Strahlen. Natürlich sind Strahlen gefährlich, wenn man gewisse Regeln nicht beachtet. Ansonsten leben wir auf diesem kleinen blauen Planeten mit zahlreichen Bedrohungen, von denen Strahlen nur eine Möglichkeit des Schadens darstellen.

Welche Irrationalität die Angst vor Strahlung zeitweise hat, zeigt eine Begebenheit einige Wochen nach der Katastrophe von Tschernobyl. Ich arbeitete damals in der Abteilung für gynäkologische Radiologie der Universitätsklinik Hamburg Eppendorf. In unserer Abteilung wurden auch Knochenszintigramme durchgeführt. Die technische Assistenz machte seit vielen Jahren eine ältere MTRA mit sehr viel Engagement und Sorgfalt. Eines Tages bat mich diese MTRA sehr verängstigt um ein Gespräch. Sie habe im Fernsehen gehört, dass durch die Katastrophe von Tschernobyl Radioaktivität auf uns hernieder regnet. Man habe gesagt, es seien 100 Bequerel Radioaktivität auf jeden Quadratmeter gekommen. Das sei doch sehr beängstigend und man könne doch jetzt gar nicht mehr vor die Tür gehen. Sie setzte dann noch hinzu: "Bei unseren Knochenszintigrammen verwenden wir ja - Gott sei Dank - Giga - Bequerel. Die sind ja wohl nicht so gefährlich."

Nun weiß jeder naturwissenschaftlich gebildete, dass Giga eine Zahl mit 9 Nullen ist. Die Aktivität von 100 Bequerel ist demgegenüber eine Prise Salz in einem großen See. Psychologisch ist es aber ganz anders. Diese Frau hat über viele Jahre die milliardenfache Menge an Aktivität täglich präpariert und die Injektion in Patienten vorbereitet. Sie hat davon keinen Schaden davongetragen und es hat sie auch nicht besonders geängstigt. Aber diese 100 Bequerel lösten bei ihr Panik aus. Wir müssen anfangen, Gefahren realistisch zu betrachten. Emotionale Exzesse führen zu völlig falschen Schlussfolgerungen.

Wenn ich in Diskussionen mit entsprechenden Kreisen verwickelt werde, pflege ich zu sagen, "Man sollte die Atome ganz verbieten!".

Impressum .....................................................................................Zuletzt geändert am 13.07.2012 8:58