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Meine erste Diagnose

Nach dem Krieg hatte mein Vater sich in einem Landgasthof in Schleswig- Holstein eingemietet und dort seine Praxistätigkeit als Landarzt aufgenommen. Er hatte geheiratet und ein Jahr später kam ich zur Welt. Wegen der beengten Räumlichkeiten stand meine Wiege die meiste Zeit im Sprechzimmer, so dass ich bei den Sprechstunden meines Vaters anwesend war. Als einjähriges Kind ärgerten mich die zahlreichen Fliegen, die auf dem Lande im Sommer eine große Belästigung darstellten.

Eines Tages kam eine Bäuerin in die Sprechstunde meines Vaters und präsentierte einen schwarzen Fleck auf der Stirn. Im Laufe des Gespräches wurde sie auf mich aufmerksam. Mein Vater sagte im Scherz, ich solle doch recht früh die Medizin erlernen, um irgendwann sein Nachfolger zu werden. Die Frau lachte. Mein Vater nahm mich aus der Wiege und hob mich hoch. Ich schaute die Bäuerin an und sah den schwarzen Fleck auf ihrer Stirn, den ich für eine Fliege hielt. Mit dem Finger versuchte ich die Fliege zu erreichen. Die Frau dachte, ich wollte tatsächlich eine Diagnose bei ihr stellen. Voller Verwunderung sagte sie: "Das ist ja wohl nicht möglich! Das setzt da ja wohl irgendwie in ihm 'drin!" Mein Vater bestätigte natürlich, dass es mir um die Krankheit der Frau ging. So hatte ich im Alter von einem Jahr meine erste Diagnose gestellt.

Impressum .....................................................................................Zuletzt geƤndert am 12.02.2013 18:53