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Freiheit und Verantwortung

In der Juniausgabe der Zeitschrift „Der Lion“ hat Wulf Mämpel einen Artikel „ Freiheit = Verantwortung“ geschrieben. Dieses ist eines der zentralen Themen unserer Gesellschaft. Als Naturwissenschaftler habe ich jedoch Bedenken gegenüber Gleichungen, die sich nicht auflösen lassen:

„Freiheit = Verantwortung?“

Ich meine, diese Gleichsetzung ist vielleicht ein Wunschtraum aber kein Automatismus. Das Streben nach Freiheit gehört seit Menschengedenken zu den Urinstinken des Menschen. In der Historie haben immer wieder Bürger ihr Leben riskiert, um die Freiheit zu erlangen. Die meisten sind allerdings nur von der Unfreiheit unter einem Despoten in die Unfreiheit unter eines anderen Despoten übergegangen. Auch heute leben meisten Menschen dieser Erde irgendwie unfrei. Die wichtigste Ursache für Unfreiheit ist die Armut. Wenn ich meine ganze Arbeitskraft zur Erlangung eines Minimums an Grundbedürfnissen aufwenden muss, so ist mein Leben vollständig fremdbestimmt. Die politische Unterdrückung ist offensichtlichste Ursache der Unfreiheit. Aber auch in Demokratien leben Randgruppen häufig in Unfreiheit. Für die Menschen in den entwickelten Ländern wie Deutschland sind Krankheit und Behinderung insbesondere im Alter eine starke Einschränkung der Freiheit.

Wenn Menschen die Freiheit erlangt haben, so gehen sie davon aus, dass sie alles tun können, was sie wollen. Dass eine solche Freiheit gar nicht möglich ist, hat man schon früh erkannt. Die Freiheit wird in jedem Fall eingeschränkt durch alle Handlungen, welche die Rechte anderer einschränken. Bei dem großen Umfang rechtlicher Bestimmungen in Deutschland ist damit ein großer Teil der erlangten Freiheit schon wieder nichtig. Auch darf ich an den kategorischen Imperativ von Kant erinnern. Eine freie Handlung darf nicht in die nationale Katastrophe führen, wenn sich alle so verhalten.

Nach der Erlangung der Freiheit stellt sich die Frage, wie sich der Befreite verhalten muss, damit seine Freiheit erhalten bleibt. Dazu gibt es einen ganzen Katalog von Maßnahmen. Allerdings ist dieses kein Automatismus wie die Gleichung vermuten lässt. Nur in einem beharrlichen Erziehungsprozess kann man freien Menschen beibringen, sich so zu verhalten, dass die Freiheit erhalten bleibt. Um die Freiheit in einer Gesellschaft zu erhalten, ist neben der Beachtung der Rechte anderer zweifelsohne ein hohes Maß an Toleranz zwingend erforderlich.

Um diese Toleranz müssen wir immer wieder erneut kämpfen. Ich möchte nur an Dänemark erinnern, ein Land, welches Jahrzehnte hindurch zu den tolerantesten Ländern der Welt gehörte. Eine einzige anti-islamische Karikatur reichte aus, um dänische Botschaften in islamischen Ländern in Brand zu stecken. In der toleranten dänischen Gesellschaft hat sich in kürzester Zeit in vielen Bevölkerungsschichten eine neue Intoleranz ausgebildet. Das bedeutet, dass die Islamisten, die selbst keinerlei Toleranz üben, ihre Intoleranz ausgebreitet haben. Die Opfer sind dabei viele friedfertige Muslime.

Freiheit bedeutet auch, dass jeder Bürger die Wahl hat, ob er sich für dieses Land einsetzen möchte. Die kürzliche Abschaffung der Wehrpflicht hat dieses unterstrichen. Junge Männer früherer Generationen mussten ein Jahr ihres Lebens einsetzen, um diesem Staat zu dienen. Jetzt ist ein solcher Dienst freiwillig. Der Dienst am Staat kann sich auch anders ausdrücken: im freiwilligen Dienst für die Kommunen, in der freiwilligen Hilfe für Bedürftige, in der Zuwendung zu Ausgegrenzten und in der politischen Bekämpfung von Feinden der Freiheit. Wenn sich jedoch alle Bürger dafür entscheiden, sich nicht für dieses Land einzusetzen, sondern den Staat nur nach Kräften auszubeuten, so wird diese Form der Freiheit bald nicht mehr möglich sein. Um den Staat aufrechtzuerhalten, wird man dann wieder Zwangsverpflichtungen einführen müssen, die wir alle nicht wollen.

Es ist gar nicht leicht, dem Bürger eines freien Landes zu erklären, dass er trotz seiner Freiheit Verpflichtungen hat, bei deren Erfüllung kein persönlicher Profit für ihn herausspringt. In der Wirtschaft hat er doch gelernt, dass sich jeder Einsatz lohnen muss und jede Aktivität, die keinen Profit einbringt, vermieden werden muss. Im gesellschaftlichen Handeln ist nun plötzlich alles anders. Jetzt soll er sich plötzlich für Dinge einsetzen, ohne dafür belohnt zu werden. Für ihn wäre es viel schlauer, die Mühsal anderen zu überlassen und sich selbst nur auf den Profit zu konzentrieren.

Aber wir sollten nicht in Klagen verfallen. Die selbstsüchtige Natur des Menschen ist leider hinreichend bekannt. Zum Eigennutz gehört es aber auch, ein Land frei und bewohnbar zu erhalten, um die Früchte seiner Arbeit genießen zu können. Wenn keiner sich mehr darum kümmert, wird dieser Planeten bald unbewohnbar sein. Mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit und Erziehung müssen wir viele Menschen dahin bringen, durch aktive Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten unseren Staat frei und lebenswert zu erhalten.



Impressum                         Zuletzt geändert am 05.09.2015 6:51