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Sterbehilfe

In den Medien und in der Politik wird häufig und emotional über Sterbehilfe diskutiert. Hier prallen religiöse und ethische Vorstellungen mit der physischen Not von Todkranken und dem Selbstbestimmungsrecht dieser Menschen zusammen.

In der ärztlichen Praxis spielt die Sterbehilfe aber eigentlich gar keine Rolle. Ich betreibe nun ca. 30 Jahre Tumortherapie und habe in den ganzen Jahren viele Menschen bis zu ihrem Tod begleitet. Unter hunderten von Fällen bin ich nur von zwei Menschen gebeten worden, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

Die eine Patienten befand sich im Endstadium eines metastasierten Zervixkarzinoms. Die Nierenfunktion war schlecht, sie benötigte permanent starke Schmerzmittel und konnte das Bett nicht mehr verlassen, ja sich nicht einmal aufrichten. Um die schlimmsten Schmerzen zu lindern, lief ein Morphiumtropf. In einem vertraulichen Gespräch bat mich die Frau, ihr einen gnädigen Tod zu ermöglichen. Ich habe ihr erklärt, dass ich das aufgrund meines Berufseids und der Gesetzeslage nicht könne. Ich habe ihr dann erklärt, dass der Morphiumtropf nicht zu schnell laufen dürfe, weil eine Überdosis Morphium zum Einschlafen und zum Tod führen würde. Dann habe ich ihr noch erklärt, wie man den Regler bedient und bin gegangen. Nach 2 Stunden war die Patienten verstorben. Die Infusion war voll aufgedreht und die morphinhaltige Lösung vollständig infundiert. Aber das hat außer mir niemand bemerkt.

Der zweite Fall war eine Patientin mit multiplen Metastasen in der Lunge von einem Brustkrebs. Die Patientin hatte bereits deutliche Probleme, bei leichten Anstrengungen genügend Luft zu bekommen. Während eines vertraulichen Gesprächs malte sie sich aus, dass an diesen Metastasen in einigen Wochen jämmerlich ersticken würden. Sie bat mich, ihr zu helfen, diese Qualen zu vermeiden. Ich begann daraufhin, ihr die mit der Gesetzeslage konformen Möglichkeiten zu erläutern. Sie wollte dieses Gespräch dann aber nicht weiterführen. Während des weiteren stationären Aufenthaltes hat sie das Thema nie wieder angeschnitten. Vier Wochen später ist sie qualvoll an ihren Lungenmetastasen erstickt, ohne sich vorzeitig erlösen zu lassen. Diese Frau wollte im Grunde keine Beratung, wie sie ihrem Leben ein Ende machen könne. Sie wollte von mir die Auskunft, dass alles gar nicht so schlimm sei und eine Wunderdroge sie heilen würde.

Damit sind wir bei dem häufigsten Fall in der Praxis. Die Patienten befinden sich in aussichtsloser Lage, aber sterben wollen sie auf gar keinen Fall. Sie sind bereit, die größten Mühen und Nebenwirkungen zu ertragen für eine winzige Hoffnung, das qualvolle Leben ein bisschen zu verlängern. Sterbehilfe spielt in der Tumortherapie fast keine Rolle! Kein Mensch will vor der Zeit abtreten. Ein Mensch mit einer nicht heilbaren Tumorerkrankung möchte auch gar nicht hören, dass er in nächster Zeit an dieser Erkrankung sterben könnte. Er saugt jede noch so irrige Hoffnung auf eine Wunderheilung begierig auf. Die von unseren Juristen immer geforderte totale Aufklärung wird von Patienten mit unheilbaren Krebserkrankungen in den meisten Fällen abgelehnt. Oft wird Hilfe bei Wunderheilern gesucht, auch wenn diese Menschen aufgrund ihres Bildungsgrades wissen könnten, dass sie ihr Vermögen unsinnig ausgeben.

Impressum                         Zuletzt geändert am 05.09.2015 6:54