Protokoll zum 120. interdisziplinären Onkologischen
Kolloquium am 25.10.06,
Konferenzraum der Klinik für
Radioonkologie
Johanniter - Krankenhaus der Altmark in Stendal gGmbH
Klinik für Radioonkologie, Klinik für Allgemein- und
Viszeralchirurgie,
Klinik für Radiologie, Klinik für Innere Medizin I -
Gastroenterologie, Klinik für Urologie,
Verteiler: CA
Prof. Dr. Bahnsen, OÄ Dr. Borschke, Frau Dr. Weinstrauch, Radioonkologie
CA Dr. Henschen, OA Dr. Neumann, Dr. El-Sharafi,
OÄ Fr. Koberstein,
Frau Dr. Ruth, Frau Rosenthal, Fr. Zirkenbach,
Gynäkologie und Geburtshilfe
CA Dr. Kothe, OA Friedrichs , OÄ Dr.
Elsner, Dr. Hoffmann, Herr Totonji, Allgemein- und Viszeralchirurgie
CA Dr. Trusen, OA Dr. Neubauer, OA
Dr. Genz, Dr. Rungenhagen, Klinik für Radiologie
CA Dr. Kühn, Frau OÄ Dr. Murr, Dr. Kramer, Dr. Mukbel, Dr.
Albrecht, Klinik für Urologie
CA PD Dr. Bleck, OÄ Fr. Dr. Müller,
OA Dr. Hendrich, Dr. Schober, Frau Loß, Herr Männche, Innere Medizin I
CA Dr. Benthien
und Mitarbeiter, Orthopädische Klinik
PD Dr. Pollak, Frau Dr. Lüders,
Praxisgemeinschaft Pathologie
Fr. Dr. Göke,
Nuklearmedizin
CA
Dr. Müller, OA Dr. Szmaglinski, OÄ Poschmann, Altmarkklinikum Salzwedel, Gynäkologie und
Geburtshilfe
CA
Dr. Roth, Altmarkklinikum Salzwedel,
Innere
LOA
Dr. Luck, Altmarkklinikum Salzwedel, Chirurgie
CA
Dr. Becker, Altmarkklinikum Gardelegen, Gynäkologie u. Geburtshilfe
Frau
Schenk, Winckelmann - Apotheke Stendal
1. Diskussion der letzten Sitzung: Keine
Ergänzungen
- Vorstellung von Frau OÄ Dr.
Stefek, die seit dem 01.10.06 in der Frauenklinik
Stendal arbeitet.
- Vorstellung von Fr. Dr. Schmitt-Kipp, die als praktische Ärztin in Arendsee tätig
ist.
2. OÄ Frau Dr. Borschke, Radioonkologie: Bericht von der ESTRO 2006: Prostata,
u. a.
Frau Borschke präsentiert
außerordentlich umfangreiches Datenmaterial vom ESTRO (Europäischer Strahlenkongress) in Leipzig. Dabei wurden einige
Therapieempfehlungen neu formuliert. Patienten mit Prostatakarzinom können in lokal begrenzte Fälle (T1,2 N0 M0), lokal
fortgeschrittene (T3,4 N0 M0), lymphogen metastasierte und distant
metastasierte Fälle unterschieden werden. Die nicht metastasierten Fälle können in eine
günstige (favorable), intermediäre (intermediate) und schlechte (poor)
Prognose unterteilt werden. Günstig ist T1, T2a, PSA < 10,
Gleason <6, schlecht ist T3,4, PSA >20, Gleason 8 – 10. Von den
zahlreichen Daten können hier nur wenige Aspekte dargestellt werden. Besonderen
Raum nahm die Dosiseskalation
ein. Eine Steigerung der Dosis über 70 Gy hinaus bringt bessere
Kontrollraten bei allen intermediate - und poor – Fällen,
allerdings um den Preis einer höheren Komplikationsrate. Intermediate
- und poor – Fälle profitieren zusätzlich von einer
kombinierten endokrinen Therapie.
Ein weiteres Diskussionsthema
war die Entscheidung primäre Bestrahlung oder primäre Radikaloperation. Es gibt
dazu keine randomisierten Studien. Beim Vergleich von OP-Studien und
Radiotherapie – Studien ergeben sich ähnliche Heilungsraten, das
Nebenwirkungsprofil unterscheidet sich allerdings. Histologisch gesicherte T3 –
Fälle schneiden bei der primären OP schlechter ab als bei der primären
Strahlentherapie. Es kann gezeigt werden, dass diese Fälle von einer postoperativen
Bestrahlung profitieren. Das früher
ausgeübte postoperative Verfolgen des PSA-Spiegels wird nicht mehr empfohlen,
wenn der Schnittrand positiv ist oder die Samenblasen befallen waren. Die jetzt
empfohlene Dosis bei primärer Radiotherapie beträgt in der mittleren
Risikogruppe 78 Gy. Eine
solche Dosis erfordert allerdings eine ausgefeilte Bestrahlungstechnik. Die
Indikation zur Bestrahlung des gesamten pelvinen Lymphabflusses ist weiterhin
unklar. Wahrscheinlich profitieren Patienten mit histologisch nachgewiesenen
pelvinen Lymphknotenmetastasen von einer Vergrößerung des Zielvolumens.
3. Fallvorstellungen vorgestellt
von:
3.1. T., M., * 05.01.1957, H676 vorgestellt von Frau Miskiewicz, Onkologie im Hause
Frau Miskiewicz
berichtet von einer Patientin mit einem Adenokarzinom im rechten Lungenunterlappen. Im Rahmen des Stagings wurde eine 15 mm große
Raumforderung im Bereich der linken Kleinhirnhemisphäre festgestellt. Die CT-Bilder werden demonstriert. Der Tumor wurde
inzwischen durch Dr. Wenzel bronchoskopisch gesichert. Es handelt sich um einen
T4 N3 – Tumor. Da die
pulmonale Situation relativ gut ist, steht die Behandlung der Hirnmetastase im
Vordergrund. Eine Bestrahlung des Neurokraniums ist indiziert. Danach
wahrscheinlich Chemotherapie.
3.2. R., E., * 10.10.1932, B068 vorgestellt von Frau
OÄ Dr. Müller, Onkologie im Hause
Frau Müller berichtet von
einem Mann, der 2000 eine radikale Prostatovesikulektomie wegen eines Prostatakarzinoms pT3 pN0 Mo, Gleason 9 hatte. Postoperativ
Androgendeprivatation. Wegen PSA – Anstieg erfolgte Anfang 2005 die Bestrahlung
der Prostataloge. Ende 2005 Nachweis von Knochenmetastasen. Bis März
Chemotherapie mit Docetaxel. Danach weiter mit Estramustin / Flutamid. Im
September fiel eine Leukozytose mit blastären Zellen
im Differentialblutbild auf. Frau Müller demonstriert Knochenmarkausschnitte
mit einem hohen Anteil von Blasten. Herr Pollak demonstriert verschiedene
immunhistochemische Färbungen und zeigt, dass es sich um Knochenmark einer myeloischen
Leukämie handelt. Frau Müller hat
eine entsprechende Therapie bereits eingeleitet. Ein Zusammenhang mit der
Chemotherapie erscheint unwahrscheinlich. Auch für eine postradiogene Leukämie
ist das Zeitintervall relativ kurz.
3.3. R., R., * 09.03.1939, H560 vorgestellt von Dr. Barani, DKH Seehausen
Herr Barani
berichtet von einer Patientin, bei der vor 2 Jahren eine CLL in Verbindung mit einem Non – Hodgkin - Lymphom diagnostiziert wurde. Eine tumorspezifische Therapie
war nicht erforderlich. Jetzt erfolgte eine Hysterektomie mit
Lymphadenektomie wegen eines Endometriumkarzinoms der Gradingstufe G1. Alle extirpierten Lymphknoten
waren tumorfrei. Wegen der guten Prognose der CLL sollte das
Endometriumkarzinom nachbehandelt werden. Eine Afterloadingtherapie der
Scheide ist ausreichend.
3.3. L., A., * 18.02.1968, H522 vorgestellt Prof.
Bahnsen, Radioonkologie
Herr Bahnsen bereichtet
erneut von einem jungen Mann, bei dem ein Leiomyosarkom links retroperitoneal exstirpiert wurde. Bei der
Bestrahlungsplanung fiel ein großer Resttumor auf. In einer aufwendigen
Operation wurde in der Chirurgie der Uni Magdeburg dieser Resttumor
einschließlich Pankreasschwanz, Milz und
Teilen des Zwerchfells entfernt. Jetzt fiel eine Verschlechterung des AZ’ s
auf. Das aktuelle CT wird von Herrn Genz demonstriert. Es zeigt mehrere
Lebermetastasen und einen großen erneut nachgewachsenen Tumor links retroperitoneal.
Erneut Vorstellung in der UNI – Klinik sollte erfolgen. Eine realistische
Chance besteht für den jungen Patienten leider nicht mehr.
3.4. L., G., * 03.05.1924, vorgestellt von Herrn CA
Dr. Kothe, Allg.-u. Viszeralchirurgie im Hause
Herr Kothe berichtet von
einem Patienten mit einem primären Leberzellkarzinom im rechten Leberlappen von 4 cm Größe. Dieses konnte in sano exzidiert
werden. Eine disponierende Grunderkrankung wurde nicht gefunden.
4.5. M., O., * 10.11.1929 vorgestellt von Herrn CA Dr.
Kothe, Allg.-u. Viszeralchirurgie im Hause
Herr Kothe bereichtet von
einem Patienten mit einem multipel viszeral metastasierten Rektumkarzinom.
Jetzt zusätzlich eine chronische Leukämie.
Bei dem betagten Patienten sind nur wenige therapeutische Optionen möglich.
Sitzung des Brustzentrums
Altmark, 25.10.06 in der Radioonkologie
1.
B., K., * 31.03.1969 vorgestellt von Dr. Szmaglinski, Altmarkklinikum SAW
Herr Szmaglinski bereichtet von einer Patientin mit
tastbaren Tumoren in beiden äußeren Quadranten. Während links stanzbioptisch
kein malignes Gewebe gefunden wurde, hat die Patientin rechts 2 Herde.
Es erfolgte ein MRT. Beide Herde sollen brusterhaltend in einer Resektion
entfernt werden.
2. K., K., * 06.08.1965, H093 vorgestellt von Dr. Szmaglinski
Herr Szmaglinski berichtet
von einer Patientin mit einem primär weit fortgeschrittenen Mamma – Ca. pT3. 12
von 13 LK positiv. Es erfolgte eine Ablatio, eine Chemotherapie mit PCT/TAC
sowie eine Radiatio von Brustwand und Axilla, gefolgt von Tamoxifen. Wegen
einer Thrombose im rechten Arm Ersatz von Tamoxifen durch Femara
und Einleitung einer Falithromtherapie. Im Juni Verdacht auf
Thoraxwandrezidiv, welches sich
stanzbioptisch nicht bestätigte. Jetzt
erneuter Verdacht auf Thoraxwandrezidiv sowie sonographisch drei 18 mm große
suspekte Lymphknoten. Die Lymphknoten
konnten von mehreren Untersuchern nicht palpatorisch verifiziert werden. Es
wird empfohlen, eine Feinnadelbiopsie durch Herrn Prof. Bleck durchführen zu
lassen. Wegen des Armödems und der abgelaufenen Strahlentherapie erscheint eine
offene Exzision dieser Lymphknoten extrem risikoreich.
3. S., Ch., * 24.12.1928, H453
vorgestellt von Dr. Szmaglinksi
Mastektomie wegen eines Mamma- Ca. pT4b, 15 von 19
LK positiv. Wegen des Alters adjuvante Therapie mit Arimidex sowie Radiatio. Da
Her-2/neu 3fach positiv ist, zusätzlich Herceptin. Jetzt Nachweis einer Knochenmetastase
im 8.
BWK. Die CT’ s werden demonstriert. Eine
Einbruchgefahr wird nicht gesehen, so dass eine sofortige OP nicht erforderlich
erscheint. Da die Metastase Morphinpräparate zur Schmerzbekämpfung
erfordert, ist eine Bestrahlung absolut
indiziert.
4. K., M., * 03.07.1948 vorgestellt von Herrn
El – Sharafi, Johanniter-Frauenklinik
Herr EL Sharafi
berichtet von einer Patientin mit einem Mamma – Ca. rechts pT2 pN1a.
Histologisch apokrines Karzinom. Primärtherapie Ablatio, Chemotherapie im
Rahmen der BOND - Studie sowie Herceptin. 3 Jahre nach Primärtherapie Osteolyse
im Sternum mit Infiltration der Lunge, Pleuraerguß rechts und
Kompressionsatelektase der Lunge. Nach Pleurapunktion erfolgte eine Pleurodese. Geplant ist eine erneute
Therapie mit Herceptin in Kombination mit Xeloda oder Navelbine.
5. S., A., * 01.02.1954 vorgestellt von CA Dr. Becker,
Altmarkklinikum GA
Herr Becker berichtet von
einer Patientin mit einem Mamma – Ca. pT2, 9 von 21 LK positiv, Rezeptoren mit
2 nur gering positiv. Postoperativ 4 x EC gefolgt von 3 x Taxol, Bestrahlung
sowie Tamoxifen. Jetzt diffuse Lebermetastasierung und verminderter AZ. Patientin lehnt eine i. v. – Chemotherapie
vehement ab. In Frage käme Xeloda oder Navelbine.
6. B., E., * 04.02.1942, G347, vorgestellt von CA Dr.
Becker
Herr Becker berichtet von
einer Patientin mit einem high risk – Mammakarzinom,
die im Anschluss an die Chemotherapie eine Behandlung mit Herceptin macht.
Bahnsen berichtet, dass die Patientin vor der letzten Herceptin - Applikation eine akute Pankreatitis entwickelt hat, die auf der Basis eines
Gallensteinleidens entstanden ist. Wegen der möglichen lebensbedrohlichen
Komplikationen eines Gallen – und Pankreasverschlusses hat die Sanierung
absolut Vorrang. Ein Zusammenhang mit der Herceptin - Therapie wird nicht
gesehen, so dass empfohlen werden kann, die Herceptin - Therapie wir geplant zu
beenden und gleichzeitig in der Chirurgie Gardelegen die Sanierung der
Gallenwege durchzuführen.
Nächste Sitzungen:
Am 22.11.06 wird CA Kothe im
Rahmen des 21. Interdisziplinären Onkologischen Kolloquiums eine Einführung in
die Evidence Based Medizin halten. Die nächste Brustzentrumssitzung wird am
01.11.06 in der Radiologie sein. Am 08.11.06 tagt das Brustzentrum in der
Frauenklinik. Herr Pollak wird dort über die Pathogenese des Mamma – Ca. sprechen.
Prof. Dr. med. Jens Bahnsen
Chefarzt Klinik für
Radioonkologie