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Röntgenverordnung:
Abschnitt 3: Vorschriften für den Betrieb
Unterabschnitt 2a Medizinische Forschung

Inhaltsübersicht
§ 28a Genehmigung zur Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen in der medizinischen Forschung (1) Wer zum Zweck der medizinischen Forschung Röntgenstrahlung am Menschen anwendet, bedarf der Genehmigung. (2) Für die Erteilung der Genehmigung ist das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig.
§ 28b Genehmigungsvoraussetzungen für die Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen in der medizinischen Forschung (1) Die Genehmigung nach § 28a Absatz 1 darf nur erteilt werden, wenn 1. für das beantragte Forschungsvorhaben ein zwingendes Bedürfnis besteht, weil die bisherigen Forschungsergebnisse und die medizinischen Erkenntnisse nicht ausreichen, 2. die Anwendung von Röntgenstrahlung nicht durch eine Untersuchungs- oder Behandlungsart ersetzt werden kann, die keine Strahlenexposition verursacht, 3. die strahlenbedingten Risiken, die mit der Anwendung für den Probanden verbunden sind, gemessen an der voraussichtlichen Bedeutung der Ergebnisse für die Fortentwicklung der Heilkunde oder Zahnheilkunde oder der medizinischen Wissenschaft, ärztlich gerechtfertigt sind, 4. die für die medizinische Forschung vorgesehenen Anwendungsarten von Röntgenstrahlung dem Zweck der Forschung entsprechen und nicht durch andere Anwendungsarten von Röntgenstrahlung ersetzt werden können, die zu einer geringeren Strahlenexposition für den Probanden führen, 5. die bei der Anwendung von Röntgenstrahlung auftretende Strahlenexposition nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht weiter herabgesetzt werden kann, ohne den Zweck des Forschungsvorhabens zu gefährden, 6. die Körperdosis des Probanden abgeschätzt worden ist, 7. die Anzahl der Probanden auf das notwendige Maß beschränkt wird, 8. die Stellungnahme einer Ethikkommission nach § 28g zu dem beantragten Forschungsvorhaben vorliegt, 9. sichergestellt ist, dass a) die Anwendung von einem Arzt geleitet wird, der eine mindestens zweijährige Erfahrung in der Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen nachweisen kann, die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt und während der Anwendung ständig erreichbar ist, und b) bei der Planung und bei der Anwendung ein Medizinphysik-Experte hinzugezogen werden kann, soweit es die Art der Anwendung erfordert, 10. die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist und 11. der Betrieb der Röntgeneinrichtung nach § 3 oder § 4 dieser Verordnung zulässig ist. (2) Bei einem Forschungsvorhaben, das die Prüfung von Sicherheit oder Wirksamkeit eines Verfahrens zur Behandlung kranker Menschen zum Gegenstand hat, kann die zuständige Behörde abweichend von Absatz 1 eine Genehmigung nach § 28a Absatz 1 auch dann erteilen, wenn der Antragsteller 1. nachvollziehbar darlegt, dass a) die Anwendung von Röntgenstrahlung selbst nicht Gegenstand des Forschungsvorhabens ist, b) die Art der Anwendung von Röntgenstrahlung anerkannten Standardverfahren der Heilkunde am Menschen entspricht, c) Art und Häufigkeit der Anwendung von Röntgenstrahlung dem Zweck des Forschungsvorhabens entsprechen und d) gewährleistet ist, dass ausschließlich einwilligungsfähige Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, in das Forschungsvorhaben eingeschlossen werden, bei denen eine Krankheit vorliegt, deren Behandlung im Rahmen des Forschungsvorhabens geprüft wird, sowie 2. die zustimmende Stellungnahme einer Ethikkommission nach § 28g vorlegt. (3) Die durch das Forschungsvorhaben bedingte effektive Dosis darf für gesunde Probanden den Grenzwert von 20 Millisievert nicht überschreiten. (4) Sieht der Antrag die Anwendung von Röntgenstrahlung an mehreren Einrichtungen vor (Multi-Center-Studie), kann die Genehmigungsbehörde eine alle Einrichtungen umfassende Genehmigung erteilen, wenn dies der sachgerechten Durchführung der Studie dient. Im Fall einer Genehmigung nach Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 ist für jede beteiligte Einrichtung nachzuweisen, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 9 und 11 vorliegen. (5) Die Vorsorge zur Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen ist für einen Zeitraum von zehn Jahren nach Beendigung des Forschungsvorhabens zu treffen. Die Regelungen des Absatzes 1 Nummer 10 gelten nicht, soweit die Vorgaben der Atomrechtlichen Deckungsvorsorge-Verordnung durch die Vorsorge zur Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen nach den entsprechenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes oder des Medizinproduktegesetzes dem Grund und der Höhe nach erfüllt sind. Im Fall einer Genehmigung nach Absatz 2 bedarf es keiner Deckungsvorsorge, die über die Probandenversicherung nach dem Arzneimittelgesetz oder nach dem Medizinproduktegesetz hinausgeht.
§ 28c Besondere Schutz-, Aufklärungs- und Aufzeichnungspflichten (1) Die Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen in der medizinischen Forschung ist nur mit der persönlichen Einwilligung des Probanden zulässig. Der Inhaber der Genehmigung nach § 28a Abs. 1 hat eine schriftliche Erklärung des Probanden darüber einzuholen, dass er mit 1. der Anwendung von Röntgenstrahlung an seiner Person und 2. den Untersuchungen, die vor, während und nach der Anwendung zur Kontrolle und zur Erhaltung seiner Gesundheit erforderlich sind, einverstanden ist. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn der Proband geschäftsfähig und in der Lage ist, das Risiko der Anwendung der Röntgenstrahlung für sich einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen. Diese Erklärung und alle im Zusammenhang mit der Anwendung stehenden Einwilligungen können jederzeit formlos widerrufen werden. (2) Die Anwendung ist ferner nur zulässig, wenn der Proband zuvor eine weitere schriftliche Erklärung darüber abgegeben hat, dass er mit der 1. Mitteilung seiner Teilnahme an dem Forschungsvorhaben und 2. der unwiderruflichen Mitteilung der durch die Anwendung erhaltenen Strahlenexpositionen an die zuständige Behörde einverstanden ist. (3) Vor Abgabe der Einwilligungen ist der Proband durch den das Forschungsvorhaben leitenden oder einen von diesem beauftragten Arzt oder Zahnarzt über Art, Bedeutung, Tragweite und Risiken der Anwendung der Röntgenstrahlung und über die Möglichkeit des Widerrufs aufzuklären. Der Proband ist zu befragen, ob an ihm bereits ionisierende Strahlung zum Zweck der Untersuchung, Behandlung oder außerhalb der Heilkunde oder Zahnheilkunde angewendet worden ist. Über die Aufklärung und die Befragung des Probanden sind Aufzeichnungen anzufertigen. (4) Der Proband ist vor Beginn der Anwendung von Röntgenstrahlung ärztlich oder zahnärztlich zu untersuchen. Die Körperdosis ist durch geeignete Verfahren zu überwachen. Der Zeitpunkt der Anwendung, die Ergebnisse der Überwachungsmaßnahmen und die Befunde sind aufzuzeichnen. (5) Die Erklärungen nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 und die Aufzeichnungen nach Absatz 3 Satz 3 und Absatz 4 Satz 3 sind 30 Jahre lang nach deren Abgabe oder dem Zeitpunkt der Anwendung aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen. Für die Aufzeichnungen gilt § 28 Abs. 2, 3 Satz 4 und 5 und Abs. 4 bis 7 entsprechend.
§ 28d Anwendungsverbote und Anwendungsbeschränkungen für einzelne Personengruppen (1) An schwangeren Frauen darf Röntgenstrahlung in der medizinischen Forschung nicht angewendet werden. Das Gleiche gilt für Personen, die auf gerichtliche oder behördliche Anordnung verwahrt werden. (2) Von der Anwendung ausgeschlossen sind gesunde Probanden, bei denen in den vergangenen zehn Jahren Röntgenstrahlung zu Forschungs- oder Behandlungszwecken angewendet worden ist, wenn durch die erneute Anwendung in der medizinischen Forschung eine effektive Dosis von mehr als 10 Millisievert zu erwarten ist. § 28b Absatz 3 bleibt unberührt. (3) Die Anwendung von Röntgenstrahlung an gesunden Probanden, die das 50. Lebensjahr nicht vollendet haben, ist nur zulässig, wenn dies ärztlich gerechtfertigt und zur Erreichung des Forschungszieles besonders notwendig ist. (4) An geschäftsunfähigen und beschränkt geschäftsfähigen Probanden ist die Anwendung von Röntgenstrahlung nur zulässig, wenn 1. das Forschungsziel anders nicht erreicht werden kann, 2. die Anwendung an Probanden erfolgt, bei denen in Bezug auf das genehmigungsbedürftige Forschungsvorhaben eine Krankheit oder ein entsprechender Krankheitsverdacht vorliegt, und die Anwendung geeignet ist, diese Krankheit zu erkennen, das Leben der betroffenen Person zu retten, ihre Gesundheit wiederherzustellen oder ihr Leiden zu lindern, und 3. der gesetzliche Vertreter oder der Betreuer seine Einwilligung abgegeben hat, nachdem er von dem das Forschungsvorhaben leitenden Arzt oder Zahnarzt über Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risiken aufgeklärt worden ist; ist der geschäftsunfähige oder beschränkt geschäftsfähige Proband in der Lage, Wesen, Bedeutung und Tragweite der Anwendung einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen, ist zusätzlich dessen persönliche Einwilligung erforderlich. Für die Erklärungen nach Satz 1 Nr. 3 gilt § 28c Abs. 1 bis 3 entsprechend.
§ 28e Mitteilungs- und Berichtspflichten (1) Der zuständigen Aufsichtsbehörde und der Genehmigungsbehörde sind unverzüglich mitzuteilen: 1. jede Überschreitung der Dosisgrenzwerte nach § 28b Absatz 3 und § 28d Absatz 2 Satz 1 unter Angabe der näheren Umstände und 2. die Beendigung der Anwendung von Röntgenstrahlung für die Durchführung des Forschungsvorhabens. (2) Der zuständigen Aufsichtsbehörde und der Genehmigungsbehörde sind nach Beendigung der Anwendung je ein Abschlussbericht vorzulegen, aus dem die im Einzelfall ermittelte Körperdosis oder die zur Berechnung der Körperdosen relevanten Daten hervorgehen.
§ 28f Schutzanordnung Ist zu besorgen, dass ein Proband auf Grund einer Überschreitung der genehmigten Dosiswerte für die Anwendung von Röntgenstrahlung in der medizinischen Forschung an der Gesundheit geschädigt wird, so ordnet die zuständige Aufsichtsbehörde an, dass er durch einen Arzt nach § 41 Abs. 1 Satz 1 untersucht wird.
§ 28g Ethikkommission Eine im Geltungsbereich dieser Verordnung tätige Ethikkommission muss unabhängig, interdisziplinär besetzt und bei der zuständigen Bundesoberbehörde registriert sein. Ihre Aufgabe ist es, das beantragte Forschungsvorhaben nach ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten mit mindestens fünf Mitgliedern mündlich zu beraten und innerhalb von längstens 60 Tagen nach Eingang der erforderlichen Unterlagen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, insbesondere dazu, ob für das beantragte Vorhaben ein zwingendes Bedürfnis im Sinne des § 28b Absatz 1 Nummer 1 besteht. Bei multizentrischen Studien genügt die Stellungnahme einer Ethikkommission. Eine Registrierung erfolgt nur, wenn in einer veröffentlichten Verfahrensordnung die Mitglieder, die aus medizinischen oder zahnmedizinischen Sachverständigen und nichtmedizinischen Mitgliedern bestehen und die erforderliche Fachkompetenz aufweisen, das Verfahren und die Anschrift aufgeführt sind. Veränderungen der Zusammensetzung der Kommission, des Verfahrens oder der übrigen Festlegungen der Verfahrensordnung sind der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Impressum .....................................................................................Zuletzt geändert am 23.02.2014 15:00