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Carl Bahnsen
In meiner frühen Jugend bin ich vor allem durch meinen Vater geprägt worden. Als Landarzt tätig, war er im Herzen immer Wissenschafter und Intellektueller. Er lehrte mich Fragen zu stellen, ohne nach dem Nutzen zu fragen. Meine Mutter runzelte am Mittagstisch oft die Stirn, wenn sich die Diskussion z.B. darüber entzündete, wie man in der Schwerelosigkeit des Weltraum wohl ein Getränk zu sich nehmen könne. Diese Überlegung sei doch völlig nutzlos, meinte sie dann. Da würden wir doch niemals hinauf kommen. Wir sollten uns lieber darauf konzentrieren, die Kartoffeln vom Teller in den Mund zu bekommen. Die Freude am reinen Denken und Phantasieren ohne Rücksicht auf den praktischen Nutzen ist mir bis heute geblieben.
Mein Vater hatte die Fähigkeit, kreativ zu basteln. Aus Dingen, die er zufällig fand, baute er nützliche, lustige oder interessante Dinge. Z. B. baute er ein Differential - Rotations - Viskosimeter und erhielt dafür sogar ein Patent. Es kam auch vor, dass er dringend ein Rad brauchte und dieses vom Rasenmäher abschraubte, was beim Rest der Familie für Verstimmung sorgte. Kunstvoll geschnitzte Schachfiguren und hölzerne Schalen sind bleibende Zeugnisse seiner kreativen Schaffenskraft. Ich habe von ihm die Freude am kreativen Schaffen übernommen. Einen Gegenstand zu träumen, zu durchdenken und ihn dann zu bauen, erfüllt mich bis heute mit großer Befriedigung.

Mein Vater hat mich im Vorschulalter auf seinen Fahrten zu Patientenbesuchen mitgenommen. Während der Besuche blieb ich im Auto, aber auf den Fahrten sprachen wir über alles zwischen Himmel und Erde. Dadurch hatte ich bereits bei Schulbeginn ein fundiertes Wissen über Chemie, Physik, Biologie, Astronomie und Geographie. Nebenbei bildete ich früh ein logisches Sprachverständnis aus, was in der Kommunikation mit den überwiegend plattdeutsch geprägten Klassenkameraden aber eher hinderlich war.

Es müssen aber auch die Dinge genannt werden, die er nicht weiter gegeben hat. So war er als junger Mensch ein großartiger Sportler. Durch Training und Askese hat er es bis zum deutschem Meister über 100m Kraulschwimmen gebracht. Mich hat er von Vereinssport eher abgehalten. Die Jahre der Askese hätten ihn gesellschaftlich isoliert. Daher habe er nach dem Physikum seine Sportlerlaufbahn abrupt abgebrochen und sich auf die klinische Medizin konzentriert.

Nach Erzählungen von Verwandten und Bekannten, war mein Vater als Junge wohl ein richtiger Lausbub, der sich immer neue Streiche ausdachte und keiner Rauferei aus dem Wege ging. Ich war dagegen eher ein braves Kind. Durch zahllose Infekte eher von schwächlicher Konstitution fehlte mir in Legan im Außenbezirk eines kleinen Dorfes auch das Publikum für Streiche. Mein Vater gab die Sünden der Jugend auch freimütig zu. Im Bürgerkrieg in Oberschlesien hatte er kämpfen gelernt. Auch war sein bester Freund schwermütig. Daher dachte er sich immer lustige Streiche aus, um ihn aufzuheitern.

Impressum                             Zuletzt geändert am 30.09.2012 20:40