Mangelware Kind

In der Maiausgabe des LION 2008 erschien ein ausführlicher Artikel zum Thema „Situation der Kinder in Deutschland“. Die Ankündigung im Titel „Mangelware Kind“ hat einige heftige Reaktionen ausgelöst:

Brief von LF GERHARD WEIMER am 29. Mai 2008 an Chefredakteurin „Der Lion“ Anne Katrin Peters (gekürzter Auszug):

Sehr geehrte Frau Peters!

Mit Entsetzen habe ich „Das offizielle Magazin von Lions Clubs International - We Serve" in der deutschen Ausgabe von Mai 2008 in die Hand genommen. „Mangelware Kind! Kein Mensch, weder klein noch groß, kann oder darf mit einer Ware verglichen werden. Wer das dennoch tut, begeht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Sie werden vermutlich meine Reaktion als übertrieben oder gar als unbegründet ansehen. Doch: „Wahrhaftig, du bist auch eine(r) von denen, denn deine Sprache verrät dich, so steht es in der Bibel in Matthäus 26,73. Ihr Beitrag auf den Seiten 32-35 informiert zwar sachlich über „das Gesicht der Familie in unserem Land", und der Bericht über die ..Geballte Ladung auf den Seilen 36 und 37 weckt Lust auf eine große, lebhafte Familie. Das nüchterne Aufzeigen der Probleme „für Familien von morgen" ist für Lions nicht nur wichtig sondern in seiner Aufforderung zum Wecken des öffentlichen und politischen Bewusstseins notwendig. Dafür gebührt dem Verfasser und Ihnen Dank.

Nicht hinnehmbar ist aber der Titel der Ausgabe unserer Zeitschrift vom Mai 2008. Die Sprache deckt auch verborgene Gedanken und Einstellungen der Menschen auf. Nicht einmal die Nationalsozialisten wagten es, von einer "Mangelware Mensch" zu reden, sondern benutzten dafür die Formulierung „Lebensunwertes Leben". Sie wussten also Leben und Ware zu unterscheiden. Dass sie dann millionenfach menschliche Lebewesen verbrannten, ist zwar ein unvergleichbares Verbrechen ...

Antwort von Bahnsen:

Sehr geehrter Herr Weimer! Lieber Lionsfreund!

Bei ihrer Kritik an dem Artikel im Lion berufen sie sich auf die moralischen Werte der Lions. Diese moralischen Werte sind das Ergebnis eines langen Ringens seit der Aufklärung und haben zu den besten Lebensbedingungen insbesondere für Frauen und Kinder geführt, die jemals existiert haben.

Gegenwärtig haben wir jedoch ein Nachwuchsproblem. Dieses Nachwuchsproblem ist zum geringeren Teil quantitativer Natur zum größeren Teil qualitativer Natur. Weltweit geht die Zahl der Menschen, die bereit sind, humanitäre Probleme anzupacken, dramatisch zurück. Gleichzeitig steigt die Zahl der Menschen, die humanitäre Hilfe brauchen, ja ohne diese zum Teil gar nicht mehr existieren können. Vielleicht ist dieses Problem in ihrem Heimatort noch nicht so sichtbar. In allen Großstädten wird aber deutlich, dass viel zu wenig Jugendliche an die Übernahme der Probleme der Zukunft herangeführt werden. Auch für die Zukunft unserer Nation ist dieses bedrohlicher als die Weltkriege und der Nationalsozialismus.

Sicher war der Artikel in mancher Hinsicht provozierend. Aber Journalisten haben die Aufgabe wach zu rütteln. Ich habe selber fünf Kinder. Ich weiß, welche Kraft es erfordert, seine Kinder auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Werner Höfer hat einmal gesagt: Wir bereiten unsere Kinder immer auf den letzten Krieg vor. Damit meinte er, dass es schwierig sei, voraus zu ahnen, mit welchen Problemen unsere Kinder kämpfen werden. Wir können nur versuchen, Ihnen unsere Werte und Ziele zu vermitteln und hoffen, dass es ihnen auch bei der Lösung der Probleme einer künftigen Welt weiterhilft.

Anstatt uns gegenseitig anzuschuldigen, sollten wir uns darauf besinnen, dass die beschworenen ethischen Prinzipien nur mit Leben gefüllt werden, wenn unsere Nachkommen diese auch in ausreichender Zahl vertreten. Wenn jedoch Menschen, denen ethische Werte völlig gleichgültig sind, die mit Terror und Gewalt ihrer Macht verteidigen und ausbauen, Übergewicht gewinnen, dann sind alle Erfolge seit der Aufklärung dahin. Die Geschichte hat gezeigt, dass errungene Kulturwerte sehr wohl für Jahrhunderte verloren gehen können. Als Beispiele nenne ich die griechische und römische Kultur, die nach ihrem Untergang erst 1000 Jahre später wieder ein ähnliches Niveau erreicht hat.

Lassen Sie uns also darüber nachdenken, wie wir unsere Jugend für lionistische Ethik begeistern können.

Autor: Jens Bahnsen

Impressum..................................................Zuletzt geändert am 18.01.2009 19:33