Klaus-Juergen Rohwer
24.5.1918 – 30.9.1979
Aus der Kindheit mit meinem Bruder Klaus
von seiner Schwester Frauke Oktober 1985
Mein Bruder Klaus wurde 5 Jahre nach der Heirat meiner Eltern am 24.5.1918
geboren. Meine Eltern heirateten 1913: Meine Mutter: die Tochter eines
wohlhabenden Direktors der Schultheiß-Patzenhofer Brauerei in Berlin und mein
Vater: das 9- Kind eines Bauern im kleinen Dorf Nübbel (ca. 5 km. von
Rendsburg), dem der Vater starb, als er 1o Jahre alt war. Als einziger der 10
Geschwister besuchte mein Vater das Gymnasium in Rendsburg und studierte mit
einem Darlehen der Sparkasse in Rendsburg an der T.H. in Berlin. Seine
Geschwister bescheinigten ihm 2 linke Hände, mit denen er kein Handwerk erlernen
konnte. Dieses Darlehen zahlten meine Eltern noch lange nach ihrer Heirat zurück.
Wegen eines schief angewachsenen Ellenbogens nach einem Sturz vom Pferd hatte mein Vater nicht gedient und
musste als Landsturmmann in den ersten Weltkrieg. (Alle 7 Brüder Rohwer nahmen am Krieg teil und überlebten.)
Mein Vater wurde in Rumänien durch einen Kopfschuss schwer verwundet und überstand wohl nur,
weil er erst nach mehreren Tagen gefunden wurde. Er musste später erst wieder sprechen und schreiben lernen.
Ich berichte das hier so ausführlich, um für das Verhalten dieses so ungleich vorprogrammierten Paares Verständnis zu wecken.
Klaus soll ein sehr lebendiges und unternehmungslustiges Kerlchen gewesen sein und als der erste Enkel
seines Großvater Seeger in Berlin, der tief enttäuscht war, dass seine Frau 3 Töchter geboren hatte, wurde er gewiss sehr verwöhnt.
Sein Vater, noch in Uniform, lehnte es ab, seinen Kinderwagen zu schieben oder Gepäck zu tragen: das war Sache der Frau! Es war überhaupt Vieles Sache der Frau!
Meine Mutter und ihre beiden Schwestern hatten — entgegen den sonst üblichen Gepflogenheiten der anderen "höheren Töchter" in Berlin - einen Beruf erlernt.
Meine Mutter machte ein französisches Lehrerinnenexamen und war perfekt ausgebildet im
Kochen, Nähen und jeder Haushaltsführung. Mein Vater war praktisch und wirtschaftlich recht unbegabt, so dass Mutter vieles regelte.
Klaus war 1 Jahr und 7 Monate alt, als ich - natürlich zu Hause - auf die Welt kam. Mein Vater soll bei meiner Ankunft gesagt haben: "Och, bloß ein Mädchen," was meine Mutter natürlich in Tränen ausbrechen ließ.
Klaus soll sich über den Waschkorb, in dem ich lag, gebeugt haben, sein Bein hochgeworfen und "Wauke, Süße!" gesagt haben.
An die Berliner Zeit habe ich keinerlei Erinnerungen, denn 1921 (ich war knapp 2 Jahre alt) zogen wir nach Rendsburg. Mein Vater hatte eine Anstellung als Dipl. Ing. auf der Düngerfabrik in Rendsburg.Während der Inflation nach dem ersten Weltkrieg (bei der meine Großeltern in Berlin fast ihr ganzes Vermögen einbüßten) war der Wert einer Koks-Aktie, die mein Großvater meiner Mutter zur Hochzeit geschenkt hatte, so gestiegen, dass meine Eltern dafür in Rendsburg ein Haus kaufen konnten: Wilhelmstraße 13, 3-stöckig, mit Ställen und großem Grundstück. In diesem Haus haben wir bis 1934 gewohnt und hier den größten Teil unserer Kindheit glücklich verbrachte.
Klaus muss ein ziemlicher Wirbel gewesen sein, denn das junge Mädchen, das meine Eltern mit nach Rendsburg brachten, soll gesagt haben: "Lieber noch zwee von de Kleene als een son Wilden!"
Unser Haus war von einem Garten umgeben mit vielen Blumen, Sträuchern und Obstbäumen. An einem Kirschbaum konnten Klaus und ich auf den Balkon vom Schlafzimmer meiner Eltern im ersten Stock klettern. Hinten auf dem Hof stand ein Turnreck, an dem wir viel turnten und schaukelten. Eines Tages stürzte dies Turnreck zusammen, aber irgendwelche Schrammen hatten wir sowieso und mehr passierte dabei nicht.
Bei Klausens temperamentvoller Arbeit beim Grassodenausstechen lief ich hinter ihm vorbei und sein Spaten riß mir die Wange auf. Die Narbe habe ich heute noch. Hinter unserm Hof fuhr die Kleinbahn zum Kreishafen. Dahinter lag unser großer Nutzgarten mit Spargelbeeten, Erdbeeren und jedem Gemüse, der ausschließlich von meiner Mutter, der Großstädterin, bewirtschaftet wurde. Wenn Klaus die Geleise schon überschritten hatte, die Bimmelbahn sich näherte, ich aber noch auf dem Hof stand, brüllte er so lange, bis die Bahn hielt und ich unbeschadet zu ihm rübergehen konnte - obgleich ich gar nicht dahin wollte.
Außer den Hausgärten hinter den Schienen fanden wir hier viel sandiges Unland, wo wir herrlich spielen konnten. Was haben wir alles gebaut und gebuddelt! Hier machten wir auch unsere ersten Rauchversuche. Im Wigwam saßen die "Indianer" rund um ihr Feuer und reichten die Friedenspfeifen herum; wir "Squaws" lagen etwas weiter draußen und übten an unseren Pfeifen mit dem billigsten Tabak, den wir erstehen konnten.
Dunkel erinnere ich mich an Straßenschlachten: Wilhelmstraße gegen Alte Kieler Landstraße. Wir Mädchen wurden als Späher eingesetzt. In größter Not retteten wir uns auf den Heuboden in unserem Stall.
Auch am Kaiser - Wilhelm - Kanal (heute Nord-Ostsee-Kanal), der nur ein paar hundert Meter vorbeiführte, war es interessant. Wenn sich ein Schiff näherte, ging ein Läutwerk, um das Öffnen der Strassendrehbrücke anzukünden - schnell liefen wir mal hin. In der Kanalböschung konnte man schöne kleine Häfen anlegen, wenn man einige Steine entfernte, und im Sog der vorbeifahrenden Schiffe das Wasser rein- und rauslaufen sehen. (Diese Anlagen waren sicher nicht im Sinne der Kanalverwaltung!)
Klaus war knapp 6 Jahre alt als er 1924 in die Volksschule in der Moltkestrasse kam. Den Schulhof konnte man von unserem Schlafzimmerbalkon übersehen. An dem Gebrüll der spielenden Kinder erfuhr man den Pausenbeginn. Dann entdeckte meine Mutter im Fernglas oft im dichtesten Getümmel ihren Sprössling an den wehenden Handschuhen, die ihm am Band aus den Ärmeln hingen.
Eines Tages kam Klaus ohne seinen Mantel aus der Schule. Der Mantel sei weg gewesen. Kurz darauf fehlte seine Jacke. Die erregte Mutter nimmt ihren Filius bei der Hand, und geht der Sache in der Schule auf den Grund: Vor dem Klassenzimmer hängen beide Kleidungsstücke verlassen an den Haken. Kommentar des 6-jährigen: "Es gibt doch noch mehr bunte Hunde!"
Wir gingen beide noch in die Volksschule als unser Mädchen Scharlach bekam. Sie kam ins
Krankenhaus, ihr Zimmer wurde ausgeräuchert und wir durften 4 Wochen nicht in die Schule gehen. Diese Ferien genossen wir sehr und spielten nachmittags ausgiebig mit unseren Schulfreunden.
In den 4- Volksschuljahren begann Klausens Freundschaft mit Heinz Konrad Fenn, Nils Jörges und Günther Mehrens. Sie segelten später zusammen, gingen zur Marine. Nils und Günther sind gefallen.
Mein Vater war 2. Vorsitzender des RMTV (Rendsburger Männer Turnverein) und sorgte dafür, dass wir, sobald wir schulpflichtig waren, zum Turnen gingen. Wir bekamen dann immer 5 Pfennig Taschengeld dafür, aber später gingen wir aus eigenem Antrieb. Es wurde dort jede Sportart betrieben: Im Sommer Leichtathletik und Schwimmen, im Winter Geräteturnen. Ich glaube, Klaus war ein guter Geräteturner.
Mein Mann Carl Bahnsen (1928? Deutscher Meister im 100m - Kraulen) erhielt von meinem Vater Fechtunterricht. Dafür sollte er Klaus und mir Brustkraulen beibringen, was Klaus auch kapierte. Ich habe meine Studien im Brustkraulen dann 20 Jahre später mit Carl vertieft.
Als Klaus aufs Gymnasium kam, wo schon sein Vater Abitur machte (auch mein Mann und Sohn Jens), durfte er in den Regattaverein eintreten. Der Segelei galt bald seine ganze Liebe. Mit seinen 3 Freunden Heinz-Konrad, Nils und Günther war er im Sommer nachmittags auf der Eider anzutreffen.
Im Regattaverein war unser Vetter Peter, der Sohn von Onkel Hermann, meist auch unter Vernachlässigung sämtlicher Schulpflichten anzutreffen. Klaus begrüßte er stets mit: "Na, Vetter!" Bald hieß Klaus überall "Vetter".
Schularbeiten nahm mein Bruder nicht so genau. Er brauchte sich aber auch nicht sehr anzustrengen, um mitzukommen. Was ich mit Fleiß schaffte, gelang ihm nebenbei. Im Sommer waren wir dauernd unterwegs, Klaus segelte, ich spielte Tennis und zum Schwimmen fuhren wir mit dem Rad täglich zu „Papa Born" in die Badeanstalt an der Eider.
Und dann unsere zahlreiche Verwandtschaft! Vaters Geschwister waren alle verheiratet. Diese 20 Personen feierten jährlich reihum einen Familientag. Die Kinder waren nicht zugelassen, da dann der Kreis zu groß geworden wäre. Meine Großmutter in Nübbel starb 1917 sehr geliebt von meinen älteren Cousinen und Vettern (es gab davon ca. 25, die ich nicht alle kannte!).
Mutters Schwester Ta-Kä haben wir sehr geliebt. Sie hatte 5 Kinder; Ernst und Inge passten im Alter zu uns. Ta-Ha, Mutters jüngere Schwester fanden wir reichlich exaltiert; sie hatte aus 1. und 2. Ehe je einen Sohn; ihr 2. Mann kam aus dem 2. Weltkrieg nicht zurück; Ta-Ha wurde in Berlin ausgebombt und von Ta-Kä in Pyrmont aufgenommen. Zu Ta-Kä fuhren wir meist in den Oster- oder Herbstferien, anfangs nach Hannover, später in das große Haus nach Bad Pyrmont.
Sobald es freie Schultage gab, fuhren wir erstmal per Rad nach Hohn zu Onkel Casimir und Tante Anna. Onkel Casimir war dort Amtsvorsteher und auf seinem dicken Bauch konnte man sehr bequem sitzen. Onkel und Tante - wie sie überall hießen - waren kinderlos, hatten aber dauernd Besuch von den zahlreichen Neffen und Nichten. Nirgends konnte man so schön im Heu toben, gab es so herrlichen Honig von den eigenen Bienen, reiften laufend Monatserdbeeren - und die Birnen zergingen auf der Zunge.
Per Rad erreichten wir auch den Rohwerschen Hof in Nübbel. Früher gehörte eine kleine Schiffswerft dazu, später eine Sparkassenfiliale und eine Gastwirtschaft. Bei dieser Tante Anna gab es selbstgebackenen Rosinenstuten mit Mettwurst.
Übrigens nahmen über 20 Vettern von mir am 2. Weltkrieg teil. Tante Hannchens Mann und 5 Vettern kehrten nicht heim.
So unternehmend Klaus und ich am Tage waren, so rechtzeitig kehrten wir abends nach Hause zurück, denn dann las meine Mutter uns vor! Ich weiß nicht
genau, wie alt ich dabei war, aber vieles verstand ich noch nicht und passte auf, wann Klaus lachte, um dasselbe zu tun. Wir holten die Geschichten von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, den Kampf um Rom, die Ahnen, Soll und Haben und vieles mehr. Beim Vorlesen strickte meine Mutter unentwegt - was zu klein war, wurde auf gerippelt und neu verarbeitet.
Denn die Zeiten waren schlecht. Es muss 1929 gewesen sein. Mein Vater wurde arbeitslos und verlor auch noch viel Geld bei einem Arbeitsbeschaffungsprogramm; er versuchte mit Arbeitslosen eine Korbfabrik aufzumachen, aber die Körbe wurden schlecht und unverkäuflich. In den Schulen bekamen wir 1/2 Freiplätze (man musste ja Schulgeld zahlen!) Meine Großmutter Seeger und Ta-Kä unterstützten uns regelmäßig. Meine Mutter knüpfte Teppiche und verkaufte sie. Ich erinnere mich noch an ein Kochbuch: 1 Woche Mittagessen für 4 Personen für 2o,-RM! Das war aber auch damals ein Kunststück! Wir haben in dieser Zeit - dank unserer tüchtigen Mutter bestimmt unter keinerlei Entbehrungen gelitten. Wir besuchten sogar die Tanzschule mit viel Vergnügen. Da wir damals nur eine Stundenhilfe hatten, machten Klaus und ich das Abendbrot. Dabei übten wir immer erst mal unsere neuen Tanzschritte - bis unsere Eltern schließlich ihr Essen reklamierten. Wir waren sehr gut miteinander eingetanzt. Zum nächsten Tanzkursus wurden wir sogar eingeladen, um mit vorzutanzen.
Beim Ansegeln, Absegeln oder unseren kleinen, reihumgehenden Haustanzereien, bei denen Hei Ko meist die Musik machte, eröffneten Klaus und ich gewöhnlich den Reigen. Einmal fing die ganze Gesellschaft dabei an zu lachen: Klaus und seine Freunde hatten zu Hei Kos Orgelspiel in der Schule getanzt und wir Mädchen hatten auch untereinander geübt, und nun merkten wir gar nicht, dass Klaus als Mädchen und ich als Junge tanzte.
Bei uns zu Hause wurde auch viel gesungen. Zu Weihnachten sangen wir mit Mutter am Flügel 3- stimmig. Den Weihnachtsbaum schmückten Klaus und ich später am Abend des 23.12. Das gestaltete sich so, dass mein Bruder lässig im Sessel hockte und mir Anweisungen gab, was noch wo hingehängt werden müsse.
Wir waren in diesen Jahren überhaupt viel zusammen. Ich wüsste gar nicht, dass wir uns gestritten hätten. Das mag natürlich auch an meinem schlechten Gedächtnis liegen. Aber vielleicht waren wir uns deshalb so einig, weil die Einigkeit der Eltern oft fehlte.
Unter unseren Freunden "paarten" sich doch schon verschiedene Jungen und Mädchen - wenn das damals auch weniger üblich war als heute. Klaus hatte keine besondere Freundin (jedenfalls war es nicht bekannt) und ich keinen festen Freund. Spätzünder!? Mein Bruder war gegen mich stets rücksichtsvoll und beschützend.
1934 grade als Klaus und ich zusammen eingesegnet wurden - bekam mein Vater eine Anstellung, zuerst beim Deichbau an der Nordsee, später bei der Straßenbauverwaltung in Kiel. Es wird heute so leicht vergessen, dass Hitler über 6 Mill. Arbeitslose übernahm! Plötzlich gab es wieder Arbeit! Es ging bergauf!
Wir zogen im Herbst 1934 nach Kiel. Ein Rendsburger wollte so gern unser Haus in der
Wilhelmstrasse kaufen; daraufhin erstanden meine Eltern in Kiel Düsternbrook 47 (und wurden noch ziemlich übers Ohr gehauen dabei).
Da das Reform-Real-Gymnasium in Rendsburg andere Lehrpläne hatte als das in Kiel, ging Klaus im Knooperweg in eine Oberschule und ich aufs OL I, ab 1936 OL II.
In Kiel begannen wir beide zu rudern, Klaus im Ägir, ich im Ravensberg, jeweils im Ruderclub unserer Schule. Es wurde regelmäßig trainiert, bei den Jungen war die Hauptsache das Tempo, bei uns jüngeren Mädchen der Stil. Ich habe Klaus selten so völlig erschöpft gesehen wie nach einem gewonnenen Rennen. Das Klubhaus des Ägir war viel besucht, und Klaus und seine Freunde verbrachten dort manchen geschwänzten Schultag.
Als wir zuerst in der Beseler Allee wohnten, hatte Klaus sein Zimmer im Souterain. Dort wurde stundenlang Skat gespielt. Das Fenster hatte Trallen, aber man konnte hindurchkriechen und den Raum verlassen, ohne dass es in der Wohnung im Hochparterre bemerkt wurde. Wenn den Jünglingen der 5. Mann zum Skat fehlte, musste ich aushelfen, aber man bescheinigte mir unverblümt, dass ich kein Licht auf dem Gebiet sei.
Klausens bester Freund in Kiel hieß auch Rohwer, Detlev, hellblond. Da wir zu dritt oft gesehen wurden, wussten viele nicht, ob ich zu dem blonden oder braunen Rohwer gehörte.
Detlev war begeisterter Flieger. Er wurde als Nachtjäger im Ruhrgebiet abgeschossen, verlor beide
Beine, aber überlebte nicht.
Auch in Kiel nahmen wir an vielen Tanzereien teil. Außer bei Schulfesten wurden An- und Abrudern in allen Schulruderclubs betanzt. Meine Mutter war schockiert, als wir schließlich nicht mehr zusammen nach Hause kamen.
Nach vorgezogenem Abitur trat Klaus 1937 in die Marine ein. Ich war ganz närrisch vor Freude, als er von der ersten Auslandsreise mit dem Schulschiff zurückkehrte. Meine Mutter und ich fuhren zum Empfang nach Wilhelmshaven. Sein erstes Wert an mich, als ich vor ihm an Bord ging: "Du hast eine Laufmasche im Strumpf!" Das war eine Dusche!
Klaus war sehr besorgt um mein Seelenheil, als ich 1942 als MTA ans Marinelazarett Cherbourgh ging. Im Ausland käme im Krieg fast jedes Mädchen unter den Hammer. Vielleicht wäre ich in Frankreich nicht so stur gewesen, wenn ich mich nicht dem Vertrauen meines Bruders würdig erweisen wollte. Außerdem genoss ich in Frankreich als Crewschwester den besonderen Schutz von Klausens - Crew- Kameraden. Sobald im Hafen ein Boot einlief, auf dem ein Crewkamerad fuhr, erschien er bei mir im Labor, um mich einzuladen. Dass ich mich im Lazarett besonders um Klausens Crew-Kameraden, die verletzt waren, kümmerte, liegt auf der Hand.
2 Tage vor Weihnachten 1944- brachte man uns die Nachricht, dass Klaus mit einem Zerstörer im Finnischen Meerbusen untergegangen sei. Am Heiligen Abend ging ich mit meinen Eltern am Hindenburgufer entlang zur Marinekirche in der Wik. Ich konnte mich nicht überwinden, dort das Abendmahl einzunehmen. Obwohl von allen Seiten gedrängt, trennte sich meine Mutter nicht von Klausens Sachen.
Neujahr 1946 kam mit der ersten Kriegsgefangenenpost aus Russland eine Karte von Klaus !! Zu derselben Zeit litt er in Russland unter einer schweren Polyneuritis und hätte nach einer Verletzung fast einen Arm eingebüßt.
Und eines Tages kam er September 1946 mit den ersten Heimkehrern nach Hause. Bürokraten wollten ihm den Zuzug bei den Eltern verweigern, aber da hat er lautstark Krach geschlagen. Zunächst bekam er von der ungewohnten Ernährung eine schreckliche Furunkulose, bis zu 3o Beulen gleichzeitig, die ihn nicht liegen oder sitzen ließen. Langsam erholte er sich.
Als ehemaliger Offizier bekam Klaus keine Studienerlaubnis und begann eine Tischlerlehre. An der Muthesiusschule in der Wik bildete er sich zum Refa-Mann aus.
Die Rückkehr eines Offiziers des gesunkenen Zerstörers sprach sich schnell herum. Hunderte von Briefen hat er beantwortet, aber von den ca. 700 Mann, die mit 2 Zerstörern untergingen, sind kaum 5o Männer aus Russland zurückgekommen.
Im Mai 195o heirateten Klaus und Ille. Sie hatte es oft nicht leicht mit ihm, weil der nicht sehr geliebte Beruf ihn überforderte und die Kriegsgefangenschaft auch nicht spurlos an ihm vorübergegangen war.
Marlis wurde 1952 und Karin 1955 geboren.
Trotz Klausens Vorbehalte gegen den Aufbau einer neuen Wehrmacht ehe alle Kriegsgefangenen wieder in der Heimat seien, meldete er sich 1957 wieder bei seiner Marine. Hier im Kreise seiner alten, gleichgesinnten Kameraden erlebte er noch einmal die Seefahrt auf 3 großen Auslandsreisen als Kommandant der Schulfregatten.
Im Herbst 1977 trat er als Kapt. zur See in den Ruhestand, den er nicht lange genießen konnte. Am 3o. September 1979 brach er nach kurzer Vorwarnung bei einer Besichtigung der Gorch Fock neben der Glocke tot zusammen. Mein geliebter Bruder starb mit 61 Jahren zum großen Kummer seiner Schwester Frauke
Impressum Zuletzt geändert am 12.06.2018 6:56