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Anaphylaxie

allgemeines

potentiell lebensbedrohliche, systemische allergische Reaktion

Epidemiologie

BRD: 250 Sterbefälle / Jahr durch anaphylaktischen Schock.

Auslöser

  • 40% Insektenstiche
    • davon 60% Wespen
    • Honigbienen
    • Hummeln
    • Hornisse
  • Medikamente (insbesondere bei parenteraler Applikation)
  • Nahrungsmittel
  • Röntgenkontrastmittel
  • Pollenextrakte (z.B. zur Hyposensibilisierung gegen Heuschnupfen)
  • Skorpionstiche
  • Schlangengift
  • Gabe von Antiserum

Berlin 2010-2011 (2)

Insektengift2074 50,1%
Nahrungsmittel1039 25,1%
Medikamente627 15,1%
InsektengiftAnteil
Wespe70,4%
Biene19,9%
Hornisse4,5%
Hummel0,2%
Bremse0,2%
Mücke0,2%
NahrungsmittelAnteil
Hülsenfrüchte23,2%
tierische Nahrungsmittel21,7%
Nüsse/Schalenfrüchte19,1%
Getreide9,6%
Obst6,3%
Gemüse6,1%
Gewürze/Kerne5,3%
Zusatzstoffe1,3%
MedikamentAnteil
Schmerzmittel44,2%
Antibiotika21,5%
Lokalanästhetika9,6%
Röntgenkontrastmittel4,1%
Protonenpumpenhemmer3,2%
Muskelrelaxantien3,0%
Narkotika2,4%
Glukokortikoide1,3%
Herz-Kreislauf-Medikamente (ACE-Hemmer, Betablocker) 1,1%
Biologika0,8%
Volumenersatzmittel0,8%
Chemotherapeutika0,6%
Impfstoffe0,5%
Wespenstich Wespengift enthält biogene Aminen (Histamin, Adrenalin, Acetylcholin, Serotonin, Dopamin) , Polypeptide, Kinine und Enzyme.

Symptome (4)

subjektive Allgemeinsymptome (Prodromi)
  • Unruhegefühl
  •  auffällige Müdigkeit bei Kindern
  •  Parästhesien oder Juckreiz an Handflächen, Fußsohlen oder im Anogenitalbereich
  •  metallischer oder fischiger Geschmack im Mund
  •  Sehstörungen
  •  Angstgefühl
Haut
  •  generalisierter Juckreiz
  •  disseminierte Quaddeln (Urtikaria, Nesselsucht) 62%
  •  umschriebene Gewebsschwellungen (Angioödem, z. B. Augenlider, Lippe) 53%
  •  anfallsartige flächige Rötung (Flush)
Magen-Darm-Trakt
  • Übelkeit, Erbrechen
  •  Bauchkrämpfe, Koliken
  •  Diarrhö, Stuhl- und/oder Harnabgang
Atemwege
  • Rhinokonjunktivitis
  •  Atemnot
  •  Giemen
  •  Asthmaanfall
  •  Verschluss der oberen Luftröhre, Glottisödem („Kloßgefühl“)
  •  Atemstillstand
Herz-Kreislauf-System
  • Herzklopfen und Tachykardie
  •  Blutdruckabfall
  •  Kollaps, Kreislaufschock, Herzrhythmusstörungen

Pathophysiologie

Mastzellen und basophile Leukozyten setzen Mediatorsubstanzen frei: Histamin, Eikosanoide, Leukotriene, Prostaglandine, plättchenaktivierender Faktor (PAF).
  • Blutdruckabfall durch Öffnung von Arteriolenshunts
  • akuter Asthmaanfall durch Kontraktion der glatten Bronchusmuskulatur und erhöhte
  • Ödeme durch Erhöhung der Gefäßpermeabilität
Schweregrad
I Niesen, Husten, Quaddeln, Juckreiz, Hautrötung, Ödeme, Tachykardie
II Beklemmung, Dyspnoe, Bauchkrämpfe, gestaute Halsvenen, Blutdruckabfall
III Schwere Luftnot, Krampfanfälle, Eintrübung, starker Blutdruckabfall
IV Bleiche oder livide Haut, Verlust des Bewusstseins, Pulse nicht tastbar
Immunreaktionen Immunreaktionen vom Typ I und Typ III können eine Anaphylaxie auslösen.
Typ III-Reaktion Es bilden sich Antigen-Antikörper-Komplexe, die im Blut zirkulierende Aggregate. Diese Komplexe enthalten auch Leukozyten und Thrombozyten. Sie wandern in Kapillaren, aktivieren das Komplementsystems und lösen dadurch Entzündungsreaktionen aus.
Histamin Bei einer anaphylaktischen Reaktion wird Histamin freigesetzt. Dadurch kommt es zu einem Blutdruckabfall, Bronchospasmus und Ödemen.
Therapie (1)
1 Lagerung
2 Sauerstoff
3 Allergen entfernen, z.B. Infusion mit Allergen stoppen
4 Adrenalin 0,5 ml i.m. in einer Verdünnung von 1:1.000 alle 5 Minuten.
Emerade 150/300/500 µg: Autoinjektor mit Epinephrin
5 Antihistaminika H1-Antagonisten (z.B. Clemastin), evtl. auch H2-Antagonisten (Ranitidin)
6 Glukokortikoide z.B. 1g Prednisolon
7 Volumengabe wenn Adrenalin unwirksam: 1-2 Liter schnell (Kristalloide und Kolloide gleich wirksam)
8 Inhalative β-2-Mimetika wenn Bronchospasmus trotz Adrenalin persisitiert
9 Intubation frühzeitig, wenn indiziert
Antihistaminika Sind bei einer anaphylaktischen Reaktion wenig effizient. Antihistaminika der 2. Generation wirken zu spät. Antihistaminika der 1. Generation wirken schneller, sedieren aber stark. Das erschwert die Verlaufskontrolle des Schocks.
Adrenalin Wichtigste Therapie bei akuter Anaphylaxie
Dosis 0,3-0,5 mg Adrenalin i.m Kinder 0,01 mg/kg Bei Bedarf Wiederholung alle 10-15 Minuten.
Vasokonstriktion Adrenalin stimuliert die α-Rezeptoren der präkapillären Arteriolen von Haut, Schleimhäuten, Niere Kontraktion der glatten Muskulatur im venösen Gefäßbett Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes und des Blutdrucks.
Ödeme Adrenalin vermindert die durch erhöhte Gefäßpermeabilität entstandenen Gewebsödeme
Bronchien Adrenalin dilatiert die Bronchien
Herz Adrenalin steigert die Herzfrequenz und Herzmuskelkontraktilität Erweiterung der Koronararterien. Steigerung des Blutdrucks.
Cortison Benötigt 30-60 Minuten bis zur Wirkung.
Allergietest Nachweis spezifischer Antikörper durch RAST. Test sollte erst 3 Wochen nach der Allergie-Reaktion durchgeführt werden, da bei der Analphylaxie alles IgE verbraucht ist. Der RAST fällt unmittelbar nach der Reaktion falsch negativ aus.
Quellen 1.) European Resuscitation Council

2.) Worm M, et al.:
Auslöser und Therapie der Anaphylaxie: Auswertung von mehr als 4 000 Fällen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Dtsch Arztebl Int 111(2014): 367-75
DOI: 10.3238/arztebl.2014.0367

3.) Online-Praxis-Check

4.) Ring J, Klimek L, Worm M:
Adrenaline in the acute treatment of anaphylaxis.
Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 528–34
DOI: 10.3238/arztebl.2018.0528

5.) Worm M, Edenharter G, Rueff F, et al.:
Symptom profile and risk factors of anaphylaxis in Central Europe.
Allergy 2012; 67: 691–8

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Impressum                       Zuletzt geändert am 13.09.2014 12:30